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Lokales Exportgut: Löwenbräus Exportbier

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Lokales Exportgut: Löwenbräus Exportbier

Quellen

Statistik des Weltdurstes (Aus dem Braustübchen des Schwäbischen Bierbrauers)

„Wie ist der Mensch doch klug und listig!
Was tief verborgen, thut er kund
Und geht mit Hilfe der Statistik
Der schwersten Sache auf den Grund.
Was nur von fröhlichen Gesellen
An Bier wird arglos konsumirt,
In zuverlässigen Tabellen
Steht’s klar und säuberlich notirt.

Befangen ganz im Schnapsgenusse,
Im Stadium noch der Barbarei,
Vertilgt im ganzen Jahr der Russe
Pro Kopf noch nicht der Liter zwei.
Dann Steigt die Scala über Schweden,
Norwegen, Frankreich, Oesterreich sacht
Zum Preussenlande, wo für jeden
Der Durchschnitt vierzig Liter macht.

Wohl uns! Wir irrten, wenn wir glaubten,
Nicht recht solide mehr zu sein.
Ganz Preussen ist, ich darf’s behaupten,
Ein grosser Mässigkeitsverein.
Seht nur wie weiter über Sachsen,
Britannien, Belgien, Schwabenland
Die feuchten Ziffern riesig wachsen,
Bis sie erreicht den höchsten Stand.

Und welches Land, werth, es zu feiern
In frohen Liedern, schliesst den Reih’n?
Was frag‘ ich? Nur das wack’re Bayern,
Des Bierbrau’s Hochburg, kann es sein.
Seht, die Tabelle – schwerlich irrt sich
Dieselbe hier – zeigt deutlich an:
Der Liter trinkt zweihundertvierzig
In Bayern jährlich Jedermann.

Doch alles siegreich überstrahlen,
O München, muss dein hoher Ruhm !
Es steigt zu schwindelnd hohen Zahlen
Am Isarstrand der Bierkonsum.
Vierhundertfünfundvierzig Liter
Auf jedes Haupt! Am Ziel der Bahn
Steht hier der Forscher, staunend sieht er
Auf diesen braunen Ocean.

Gross ist Berlin! schon längst verschaffte
Sein vielbeneidetes Gedeih’n
Die Ehre ihm, die zweifelhafte,
Des Reiches Wasserkopf zu sein,
Du stellst dich, München, stolz daneben,
Verklärt von goldig-feuchtem Glanz,
Auf, Brüder, lasset München leben,
Den Bierkopf unsers Vaterlands!“

(„Statistik des Weltdurstes (Aus dem Braustübchen des Schwäbischen Bierbrauers.).“ In: Bier-Export-Blatt / Journal d’exportation de Bière Bavaroise / Journal for the Export of Bavarian Beer 12 (München, 15. April 1886): S. 3.)

Überseeischer Bier-Export

„Dürften die bisher angeführten Zollerhöhungen gelegentlich vielleicht die Einfuhr von Bier erschweren, so kommen dagegen auf der anderen Seite fortgesetzt die günstigen Berichte über den Absatz deutschen Bieres auf allen Punkten der Erdkarte. So wird aus J a v a für das Jahr 1885 gemeldet, dass das d e u t s c h e Bier v o l l s t ä n d i g d e n M a r k t b e h e r r s c h t. […]

Aus R i o G r a n d e d o S u l (Brasilien) kommen dieselben günstigen Berichte, wie im vorigen Jahre. Es sind dort im vergangenen Jahr 3220 Kisten und 20 Fässer Bier angekommen, fast n u r a u s D e u t s c h l a n d.

In S i n g a p o r e kamen im Jahre 1885 für 106,500 Dollars Bier d e u t s c h e r Provenienz an.

In T a n g e r (Marokko) hat deutsches Bier im Werthe von 10,000 Mark Absatz gefunden; ebenso im Hafen Casablanka ein grösseres Quantum deutschen Bieres Absatz gehabt.

Etwas weniger günstig lauten die Berichte aus N e u s ü d w a l e s wo das deutsche Bier durch das amerikanische etwas verdrängt worden ist, woran die Schuld, aber, wie es scheint, nur die Planlosigkeit des deutschen Bierimports trägt.“

(„Überseeischer Bier-Export.“ In: Bier-Export-Blatt 27/II (München, 8. Dezember 1886): S. 3.)

Zeitungsartikel „Spenden an die China-Freiwilligen“ (1900)

„Nach kaum achttägiger Sammelthätigkeit konnte schon der zweite Waggon Münchener Liebesgaben nach Bremen gesandt werden. Er enthielt die reiche Spende der Löwenbrauerei von 5000 Flaschen pasteurisirten Bieres, ein vollständiges Bett, 1000 Zigarren, Tabak und eine Kiste Maggi, verschiedene Liqueure, Strohsäcke, Hemden, Unterbeinkleider, Leibbinden, Filzschuhe und sonstige Lazarethbedürfnisse.“

(„Spenden an die China-Freiwilligen.“ In: Allgemeine Zeitung 242 (03. September 1900): S. 6.)

Zeitungsartikel „Liebesgaben hiesiger Brauereien“ (1900)

„Außer von der Brauerei Georg Pschorr sind auch von der Spatenbrauerei 100 Kisten (ca. 5000 Flaschen) pasteurisirtes Versandbier für Erkrankte und Verwundete der Marine- und Landtruppen in Ostasien und von der Löwenbrauerei dahier ebenfalls 100 Kisten dem Bayerischen Landeshülfsverein vom Rothen Kreuz zur Verfügung gestellt worden.“

(„Liebesgaben hiesiger Brauereien.“ In: Allgemeine Zeitung 224 (16. August 1900): S. 6.)

Zeitungsartikel „Münchner Bier am ostasiatischen Kriegsschauplatze” (1900)

„Das Generaldepot der Thomasbräu-Flaschenbiere für überseeischen Export […] hat seit Ausbruch des Krieges bereits über 40,000 Flaschen pasteurisirtes Bier nach Shanghai, Tsingtau und Tonglu gesandt. […] Ein Beweis dafür, daß unsere tapferen Krieger auch in der Ferne den ihnen liebgewordenen Trunk nicht ganz zu entbehren brauchen.“

(„Münchner Bier am ostasiatischen Kriegsschauplatze.“ In: Münchner Neuste Nachrichten 425 (15. September 1900): S. 5.)

Zeitungsartikel „Was ist tropensicheres Bier?”

„Für das ostasiatische Expeditionskorps werden viele tausend Flaschen Bier nach China gesandt. Damit dieses Bier, ohne zu verderben, den Aequator passieren kann, wird es vor der Verladung nach einem von Professor Pasteur erfundenen Verfahren sterilisirt. Dies geschieht in der Weise, daß das auf ganze Literflaschen von sehr starkem Glas gefüllte Bier in einem langsam auf 80 Grad Réaumur erhitzten Wasser zwei Stunden liegen muß. Sodann ist auch die Hefe vollkommen keimfrei, und das Bier verträgt, unbeschadet seiner Güte, jede Temperatur. Die Flaschen sind zu diesem Zweck lediglich mit Korken verschlossen, nicht mit Patentverschluß. Daß Verfahren ist indeß dadurch recht kostspielig, daß ein beträchtlicher Prozentsatz der Flaschen zerspringt und damit sowohl Glas wie Inhalt verloren geht. Indeß läßt sich Bier, daß nicht sterilisirt worden, nicht genießbar über den Aequator bringen.“

(„Was ist tropensicheres Bier?” In: Münchner Neuste Nachrichten 356 (3. August 1900): S. 2.)

Literaturhinweise

Behringer, Wolfgang. Löwenbräu: Von den Anfängen des Münchner Brauwesens bis zur Gegenwart. München 1991.

Meußdoerffer, Franz und Martin Zarnkow. Das Bier: Eine Geschichte von Hopfen und Malz. 2. durchgesehene Auflage. München 2016.

Pilcher, Jeffrey, Yu Wang and Yuebin Jackson Guo. „Beer with Chinese Characteristics: Marketing Beer Under Mao.“ In: Revista de Administração de Empresas 58/3 (May–June 2018): 303–315.

Walter, Uli. Bierpaläste: Zur Geschichte eines Bautyps. Diss, LMU München. München 1992.

Winkler, Richard. Ein Bier wie Bayern: Geschichte der Münchner Löwenbräuerei 1818–2003. Neustadt an der Aisch 2016.

Verbindungen zu anderen Stationen

Bayerische „Chinakrieger“: Die Max-II-Kaserne und die Boxerkriege – Diese Station erörtert, wie es dazu kam, dass bayerische Truppen zu „Chinakriegern“ wurden. Jene „Chinakrieger“, die später das Münchner Bier empfangen sollten.

Elektrotechnik von Weltrang: Die Gleichstromübertragung von 1882 – Anhand eines elektrotechnischen Versuchs von 1882 zeigt diese Station die Bedeutung internationaler Ausstellungen und die Globalgeschichte der Elektrifizierung. Für den internationalen Bierhandel waren internationale Ausstellungen ein wichtiger Motor. Löwenbräu erhielt 1885 auf der internationalen Ausstellung in Antwerpen das Ehrendiplom und gewann auf der Weltausstellung in Paris 1900 den Grand Prix. Bei der Weltausstellung 1967 in Montreal baute Löwenbräu gar eine bayerische Gaststätte inklusive Blaskapelle auf, um die richtige Atmosphäre für den Biergenuss zu schaffen. Darüber hinaus gehörte der Löwenbräukeller 1883 zu einem der ersten öffentlichen Gebäuden, die nach der Internationalen Elektrizitätsausstellung 1882 in München mit elektrischen Licht ausgestattet wurden – der Hauptbahnhof wurde erst ab 1884 elektrisch beleuchtet; außerdem wurde der Löwenbräukeller nachts von außen angestrahlt.

Ein Stück Heimat in der Fremde: Die Milchstube am Münchner Hauptbahnhof – 1975 fand die Feier zum ersten „Tag der ausländischen Mitbürger“ im Löwenbräukeller statt. Mehr zu Münchner Immigranten erfahren Sie in dieser Station.

Stationstext zum Nachlesen

„Auch die Aktienbrauerei zum Löwenbräu hat gleich anderen Großbrauereien unseren in China kämpfenden Bayern 5000 Flaschen Exportbier zugehen lassen. […] Die Firma erhielt […] von einigen dem Oberkommando zugetheilten Soldaten und von in Peking stationierten Feldpostbeamten mehrere Postkarten von dort zugesandt. […] eine der Karten enthält die Ueberschrift: ‚Tscheffe – Bietscherting – han – ti‘ zu Deutsch: ‚Dieses Bier ist das Beste und hat großartig geschmeckt.‘“

So berichtete die Münchner Zeitung im April 1901. Zu dieser Zeit waren zahlreiche bayerische Soldaten im Rahmen der Boxerkriege in China stationiert. Das hier versandte „Exportbier“ unterschied sich von anderen Biersorten durch seine längere Haltbarkeit. Diese Haltbarkeit war unabdingbar für den Transport über weite Strecken und damit eine Voraussetzung für den weltweiten Bierhandel. Um 1900 gehörte Exportbier zum Standardrepertoire großer deutscher Brauereien. Längst produzierten sie nicht mehr nur für den heimischen Markt, sondern für Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt.


Als der Löwenbräukeller 1883 am heutigen Stiglmaierplatz gebaut wurde, befand sich der Münchner Bierexport im Aufschwung. Die Identifikation aber blieb lokal: Die Figurengruppe auf der Hauptfassade des vom Architekten Albert Schmidt entworfenen Löwenbräu-Bierpalastes zeigt den bayerischen Löwen und das Münchner Kindl.

Als der heimische Biermarkt zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunehmend gesättigt war, rückte der Bierexport in den Fokus. Die fränkischen Brauereien waren die ersten, die in den 1830er Jahren begannen, untergäriges Bier in Fässern in die norddeutschen Länder zu exportieren. Mitte des Jahrhunderts zogen die Münchner Brauereien nach.

Mit zahlreichen Auswandernden und über internationale Industrie- und Gewerbeausstellungen wurde bayerisches Bier Mitte des 19. Jahrhunderts zur weltweiten Handelsware. Spätestens in den 1880er Jahren dominierte München den Bierexportmarkt. Allein zwischen 1880 und 1885 verdreifachte sich der städtische Bierexport.

Löwenbräu war damals der größte Bierexporteur der Stadt. Die Firmenschrift zum 50-jährigen Bestehen der Löwenbräu Aktiengesellschaft von 1922 erklärte stolz: „In alle Länder der Erde hatte sich das Löwenbräubier den Weg gebahnt, in allen Weltteilen hatte der Löwe, das Wahrzeichen der Brauerei, Fuß gefaßt.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Löwenbräu zudem das erste Unternehmen, das den Export „friedenmäßigen Bieres“ wieder aufnahm.

Das speziell für den Export gebraute Bier war nicht nur haltbarer, sondern voller, aromatischer und alkoholhaltiger. So gewann es auch in München an Beliebtheit und wurde als Bockbier zunehmend auch für den heimischen Markt gebraut. Die Biernachfrage in fernen Ländern hatte die Münchner Trinkgewohnheiten verändert.

Das Bild und der Geschmack vom bayerischen Bier sind heute nicht nur in München präsent. Bayerisches Bier ist rund um die Welt bekannt. Dabei hatte sich um 7000 v. Chr. das Bierbrauen in vielen unterschiedlichen Kulturen entwickelt. Zwischen verschiedenen Regionen und Brautraditionen herrscht bis heute ein reger Austausch, der auch das bayerische Bier verändert hat.

Im 14 und 15. Jh. kam gehopftes „beer“ aus Preußen über die Hanse und mit niederländischen Immigranten nach England. Wegen seiner langen Haltbarkeit wurde es dort in der Schifffahrt und für den Export zunehmend beliebt. Das geschah zu einer Zeit, als Bayern noch als Weinland galt.
Dann gewann das Bier auch in Bayern an Zuspruch. 1833 reiste der Münchner Brauer Gabriel Sedlmayr der Jüngere mit seinem Wiener Kollegen Anton Dreher nach England und Schottland, um vom dortigen Bierbrauen zu lernen. Daraus entwickelte sich das haltbare Lagerbier.
Auch das Münchner Helle wurde aus internationalem Austausch geboren. Das Helle wurde Ende des 19. Jahrhunderts von der Spaten Brauerei entwickelt, um dem aus Böhmen auf den Markt drängende Pilsener Bier etwas entgegenzusetzen.


1902, ein Jahr nachdem die Münchner Brauereien massenhaft Bier zu den bayerischen Soldaten im Boxerkrieg geschickt hatten, wurde die erste deutsche Brauerei in China gegründet. In China wurde das Getränk der Imperialmächte rasch zu einem Symbol der Moderne. Heute ist China der weltweit größte Bierproduzent.
Auch das bayerische Bier, das sich dank weltweiter Einflüsse entwickelte, erfreut sich aber bis heute weltweiter Beliebtheit und so kann man wohl auf Chinesisch und vielen Sprachen zu hören bekommen: „Dieses Bier ist das Beste und hat großartig geschmeckt.“


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