Ein Interview mit Fadi und Ghassan aus dem 14. Stock des Ihme-Zentrums.
Wir reden über die Vorzüge alter Bauweisen und die Nachkriegsarchitektur in Deutschland. Im Vergleich dazu: Jerusalem. Dabei kommen wir immer wieder zurück zum Ihme-Zentrum: Wie hat sich dessen Image mit den Jahren verändert? Wie steht es heute um den Komplex? Und wie wohnt es sich hier wirklich?
Wir beginnen unseren Ihme-Zentrum-Rundgang aus einiger Entfernung: in einer Nebengasse nahe des gegenüberliegenden Ufers. Hier ist alles voll mit Graffiti. Während aus den Kellern Musik von probenden Bands kommt, schleichen wir uns langsam an: Das Ihme-Zentrum - damals die größte am Stück gegossene Betonplatte der Welt, heute eine wirklich “abgrundtief schöne” Ecke.
Als das Ihme-Zentrum 1972 gebaut wurde, war es die größte Baustelle Europas. Und ursprünglich waren in Hannover sogar mehrere dieser allumfassenden Zentren geplant. Sie sollten das Modell der Zukunft sein, wo Leben, Wohnen und Arbeiten zusammen in einem großen Komplex stattfinden können. Was ist heute daraus geworden?
Wir nähern uns der Brücke zum Hochhaus Ihmepassage 2. Schon hier wird das Beton-Drama sichtbar.
Wir gehen jetzt über die Brücke in den Komplex hinein, der wie eine Stadt in der Stadt oder ein Schiff konzipiert ist. Leider steht das ganze auf einem schlechten Fundament: In den oberen Etagen wohnen zwar viele Menschen. Aber unten, wo früher Geschäfte waren, ist alles heruntergekommen.
Die Architektur des Ihme-Zentrums erinnert an Gestaltungsideen von Le Corbusier: Eine streng funktionale, effiziente Bauart, die Form und Funktion trennt. In den 1970er Jahren wurden auch viele Hochschul- und Firmengebäude in diesem Stil gebaut.
Mehr zu Le Corbusier gibt es hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Le_Corbusier
Die “Sanierungsbemühungen” haben große Wunden in das Gebäude gerissen. In diesem Zustand ging leider das Geld aus. Heute kommt man schlecht ins Ihme-Zentrum hinein, da viele Eingänge und die Passage gesperrt bzw. kaputt sind. Wir versuchen trotzdem, einem Eingang zu finden.
Über einen Fahrstuhl gelangen wir irgendwie in die frühere Ladenpassage, heute Baustelle. Es ergibt sich ein trostloses Bild. Das Skateboardfahren war auf den Rollsteigen verboten, als es diese noch hier gab. Wir kehren um.
Wir gehen ein Stück an der Blumenauer Straße entlang. Hier wurde ein Senioren Service Zentrum ans Gebäude rangeflanscht.
Wir gehen noch einmal auf die Ebene der Ihmepassage. Dabei erzählt Helge von seinen Erfahrungen mit der Elterngeldstelle, die hier zu finden ist. Unterwegs treffen wir auf legale Graffiti – Jugendkultur mit Anweisung.
Wir überqueren den Ihmeplatz, oder das, was davon übrig ist. Dabei treffen wir auf verlassene Läden, kaputte Laternen und Bauschutt. Mittendrin eine Kindertagesstätte.
Eigentlich doch ganz nett hier am Fluss. Direkt gegenüber saß auch schon mal hannoveranische Prominenz im Baum – aus Protest.
Diese Treppe führt wieder zur Erdgeschoss-Ebene. Unter unseren Füßen fließt die Ihme. Wir sehen Licht am Ende des Tunnels und verabschieden uns.